Literarische Sachbücher.
Formen – Funktionen – Praktiken
Workshop von Non Fiktion, gefördert vom Deutschen Literaturfonds und in Verbindung mit dem DFG-Graduiertenkolleg „Gegenwart/Literatur“
Der Workshop widmet sich ‚literarischen Sachbüchern‘. Mit diesem pragmatisch und oft intern verwendeten Begriff reagieren Verlagslektorate auf die immer wieder durchlässige Unterscheidung zwischen Sachbuch und Belletristik, wie sie die Warengruppensystematik des Buchhandels formal eigentlich vorsieht. Allerdings fällt eine ‚saubere‘ kategoriale Zuordnung von eingereichten Manuskripten zunehmend schwer. Eine genauere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser „nichtbinäre[n] Literatur“ (Lendle 2021), zu der Autor:innen wie Kim de l’Horizon, Dorothee Elmiger oder Anne Weber gezählt werden können, ist ohnehin kaum erfolgt. Gleiches gilt für Übersetzungen von Sachbüchern ins Deutsche – etwa für Eula Biss, Leslie Jamison, Helen Macdonald, Robert Macfarlane, Maggie Nelson oder Lisa Olstein –, bei denen mitunter wichtige Bedeutungsebenen verlorengehen oder verschoben werden. Eine hohe wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren dagegen thematisch konzentrierte Debatten, wie sie sich im Nature Writing und in entsprechenden Buchreihen oder Periodika – etwa Naturkunden und Dritte Natur bei Matthes & Seitz – niederschlagen. Ziel des Workshops ist, die textuellen Verfahrensweisen des Popularisierens, Vermittelns und Veranschaulichens herauszuarbeiten, die eine eigene und unterschätzte Komplexität besitzen. Anders gesagt: Eine verständliche und vereinfachte Darstellung ist selbst nicht einfach, sondern beruht zumeist auf einer aufwendigen Argumentationsstrategie, auf rhetorischen und visuellen Techniken und in der Folge auch auf der öffentlichen Inszenierung von Autor:innenschaft und den verlegerischen Praktiken der Aufmerksamkeitsgenese und Vermarktung.
Infobox
Donnerstag, 14. September 2023
13:00-20:00 Uhr
Freitag, 15. September 2023
09:00-15:30 Uhr
Organisation
Christian Meierhofer (Bonn), Michael Schikowski (Köln), Gunther Nickel (Darmstadt)
Ablauf/Programm
14:00 Christian Meierhofer (Bonn) und Michael Schikowski (Köln)
Begrüßung und Einführung: Literarische Sachbücher. Bemerkungen zu Formen, Funktionen und Praktiken einer unbestimmten Gattung
14:30 Karl-Heinz Göttert (Köln)
Konfliktlinien bei der Entwicklung des literarischen Sachbuchs
15:15 Kaffeepause
15:45 Dariya Manova (Wien)
Das Problem der Generationen im Sachbuch der 1920er und 30er Jahre
16:30 Antonia Villinger (Erlangen)
Zwischen dokumentarischem Roman und Oral History. Grit Lemkes Kinder von Hoy. Freiheit, Glück und Terror
17:15 Kaffeepause
17:45 Annett Gröschner (Berlin)
„Schreiben Sie auch richtige Bücher?“ Aus der Werkstatt einer Unentschiedenen
18.30 Diskussionsrunde zur Praxis des literarischen Sachbuchs
mit Klaas Jarchow, Magdalena Schrefel und Florian Felix Weyh
20:00 Gemeinsames Abendessen
9:00 Vanessa Briese (Bonn)
„Großer Titel kleine Wirkung“? Exemplarische Verlagsstrategien und Rezeptionserwartung populärer Sachbücher
9:45 Magnus Klaue (Berlin)
Intellectual Biography. Zur Popularität einer nachbürgerlichen Kunstform
10:30 Kaffeepause
11:00 Christian Klein (Wuppertal)
Carolin Emckes Schreiben zwischen Literatur und (Auto-)Theorie
11:45 Jörg Döring (Siegen)
Wissenschaft und Taschenbuch. Zu Walther Killys Deutscher Kitsch
12:30 Mittagessen
14:00 Markus Gottschling (Tübingen)
Weiße Stellen. Unsicherheiten und Imaginationen in Wissenschaftserzählungen von Hawkesworth bis Schalansky
14:45 Monika Hanauska (Karlsruhe)
Von Robotern, Algorithmen und superintelligenten
15:30 Kurzes Resümee und Ende des Workshops